Die Bausubstanz des 1990 vom damaligen Vorstandschef Edzard Reuter aus dem Boden gestampften Campus der Daimler-Benz AG in Stuttgart-Möhringen war in die Jahre gekommen. Seit 2019 ist das Gebäudeensemble, das unter anderem aus 13 Bürogebäuden mit etwa 76.000 Quadratmetern Bürofläche besteht kein reiner Daimler-Standort mehr. Im Zuge einer Umstrukturierung erfuhr nun eines dieser Gebäude einen grundlegenden Umbau, bevor die Stuttgarter Innenarchitektin Sandra Scalici die neu geplanten Innenbereiche, Funktionen und Räumlichkeiten in ein zeitgemäßes und CI-konformes Gestaltungskonzept transformieren konnte.
Die Mission war klar: ein modernes Büro mit großzügigen Räumen, das Philosophie und Arbeitsweise des Unternehmens widerspiegelt – „flexibel, vernetzt und immer in Action“, so Tim Höchel, Geschäftsführer der Full Moon Group. Ein ganzheitliches Konzept, dass gebaute Markenidentität möglich macht und funktional ist. Eine Marke in den Raum übersetzen, das ist für Gestalter eine Herausforderung. Denn abstrakte Begrifflichkeiten wie Firmenphilosophie und Unternehmenswerte lassen sich selten 1:1 in eine dreidimensionale Struktur übertragen. Um den komplexen Anforderungen gerecht zu werden, nämlich einerseits die enge Zusammenarbeit und den Austausch der interdisziplinären Projektteams zu fördern und andererseits individuelle Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen, musste ein ausgefeiltes Bürokonzept entwickelt werden.
Die Mischung aus unterschiedlich großen, abgetrennten Meeting Spaces und individuell gruppierbaren Arbeitssituationen im Großraum, ermöglichen die gezielte Reaktion auf besondere Ereignisse. Die Lounge sollte ein multifunktionaler Bereich werden: Mittagessen, Veranstaltungen, Präsentationen, Coworking Area, Kontrollzentrum. Dafür entwickelte Studio Scalici modulare Möbel, welche an die vielfältigen Bedürfnisse angepasst werden können. Das Gestaltungskonzept ist denkbar einfach: Der Bestand aus den 90er Jahren wurde entkernt und bis auf die reine Konstruktion freigelegt, überflüssige Öffnungen wurden geschlossen, die Wandflächen verputzt. Die Betondecke- inkl. Technik und Betonpfeiler blieben offen und prägen den Charakter des Innenraums. Dabei wurden sogar die Skizzen der Bauarbeiter auf den Stützen erhalten. Authentisch, lässig und offen, hier gibt es nichts zu vertuschen – das ist die Message des Raums.
Die Aufteilung der einzelnen Räume folgt der rhythmischen Anordnung der Stützen: Trockenbauwände und Glasscheiben, die zwischen den Pfeilern im Zentrum der Bürofläche eingezogen wurden, verbinden diese auf subtile Weise miteinander und bilden dadurch mehr oder weniger geschlossene Besprechungsräume in unterschiedlichen Größen aus. Themenbezogene Akzente wie die markanten überlebensgroßen Prints runden den roughen, industriellen und ehrlichen Look ab und transportieren den Spirit der Agentur. Das neue Basiscamp für die Full Moon Group demonstriert, wie gut sich eine historische Büroarchitektur mit langen, dunklen Fluren und kleinen Büroeinheiten in ein modernes, offenes Großraumbüro verwandeln lässt.